Wetter

Reisegespräch Nr. 1


Das Wetter ist die einzige nicht planbare Komponente einer Radreise. Es vermittelt dem Reiseradler den direkten Bezug zur Natur und drängt ihm seinen eigenen Rhythmus auf. Diese Art von ausgeliefert sein muss man akzeptieren. Das fällt nicht immer leicht, am wenigsten, wenn sich ein Tief mit andauerndem Landregen über einem festsetzt und die Perspektiven für die nächstenTage deutlich trübt. Selbst die schönsten Landschaften und Städte wirken im Dauerregen nur grau. Und mit Regenjacke kann man weder gut sehen, noch radfahren. 

 

Die meisten erfahrenen Reiseradler haben sich daher zu wahren Wetterpropheten entwickelt, wobei diesbezüglich natürlich jeder seine eigene Philosophie hat. Ob man nun aber den Flug der Vögel oder die Wolkenformationen zu deuten meint, am Ende bleibt immer nur die Gewissheit, dass es eh immer anders kommt als gedacht. Ich habe schon Tagesetappen abgebrochen, weil ein Wolkenbruch unabwendbar schien, und kaum das ich im Hotel eingecheckt hatte, schien eitel die Sonne durchs Fenster. Aber auch vermeintliche Schönwetterwolken können sich in Windeseile zu bedrohlichen Gewitterbergen auftürmen und einen im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehen lassen.

Vorhersage

Radreisender bei der Wettervorhersage

Wer unterwegs ein kleines bißchen mehr Planungssicherheit für den nächsten Tag haben will, schaut abends mal in eine der zahlreichen Wetter-Apps. Diese bieten neben der -mehr oder weniger- zuverlässigen Vorhersage auch oft eine interaktive Wetterkarte, aus der man z.B. die Flugbahn der Regengebiete oder die Windstärke und Windrichtung für die nächsten Stunden entnehmen kann. Die Apps bieten aber auch mittlerweile ganz zuverlässige Mehrtagesprognosen an, so dass man auch ein etwas langfristiger vorausplanen und ggf. auf extreme Wetterereignisse reagieren kann. 

 

Während der Tagesetappe ist ein Blick in diese Dienste natürlich ebenfalls hilfreich, insbesondere auch dann, wenn sich Gewitter andeuten. Allerdings sind Gewitter sehr unberechenbare Zeitgenossen, denn sie wandern nicht nur mit dem Wind durch die Gegend, sondern sie "quellen" auch auf. Das bedeutet, ihr Einzugsbereich kann sich in alle Richtungen unvermittelt ausdehnen. Diesen Prozess kann man zumindes in den Wetterapps verfolgen und den eigenen Naturbeobachtungen hinzufügen. In einigen Apps werden sogar Gewitterzellen und Blitzeinschläge angezeigt.

 

So einige der Fernradler, mit denen ich mich unterwegs unterhalten habe, nutzen dafür Meteoblue. Weil das so einen guten Ruf hat, habe ich Dir die Seite hier zum ausprobieren eingebunden (Göttingen ist voreingestellt, weil das ungefährndie Mitte Deutschlands ist):

 

Wenn es regnet

... ja dann hilft eigentlich nur noch eines der drei "u":

 

  1. unterstellen (und abwarten, ob es bald vorbei ist)
  2. umziehen (und weiterfahren, wenn es zu lange dauert)
  3. unterbrechen (wenn gar kein Ende in Sicht ist).
zwei Radreisende im Regen

Aber am wichtigsten (auch mit "u"): nicht unterkriegen lassen! 

 

Hauptsache, es verhagelt Dir nicht auch noch die gute Laune. Regen, zumal er meist einher geht mit einem kleinen Temperatursturz, ist natürlich unangenehm am Körper und belastend im Geist. Aber bloß nicht in eine negative Gedankenspirale geraten...

 

Wichtig ist dann natürlich eine vernünftige Ausrüstung. Dazu gehören neben einer Regenjacke auch eine lange Regenhose und Stulpen, die man über die Schuhe ziehen kann. Wie wichtig letzteres ist, kann man erst ermessen, wenn man einmal die Konsequenzen fehlenden Schuhschutzes auf Tour selbst erlebt hat. Denn ein nasser Schuh ist nicht am Abend wieder trocken! Und weil man ja - um Gewicht zu sparen- nur maximal zwei Paar Schuhe dabei hat, kann es bei mehrtägigem Regen schnell zu Engpässen kommen. Natürlich sind wasserdichte Schuhe auch eine Lösung, aber in diesem Fall solltest Du darauf achten, dass deine Regenhose so geschnitten ist, dass sie weit genug über den Bund der Schuhe reicht - auch sitzend auf dem Rad! Ansonsten läuft nämlich in deine schönen wasserdichten Schuhe das Wasser vom Knöchel aus ungehindert ins Schuhinnere. Und wenn es dort erst einmal ist, dann dreht sich der Vorteil mit dem wasserdicht um, denn es kann dann nicht mehr hinaus. Höchstens mit jeder Menge Zeitungspapier oder Blättern von der Küchenrolle und einer voll aufgedrehten Heizung bekommst Du das Wasser dann stückweise heraus. In der Zwischenzeit hast Du halt nasse Füße (und schlimmstenfalls drei Tage später eine Erkältung).

verregneter Platz in Maastricht

Worauf bei Regen auch noch zu achten ist, sind die Straßenverhältnisse. Auf regennasser Fahrbahn ist grundsätzlich mit weniger Bodenhaftung zu rechnen. Je nach Bodenbelag stellt das unterschiedliche Anforderungen an den Fahrer. Auf Asphalt sollte in Kurven langsamer und vorsichtiger gefahren werden; ansonsten können auch Pfützen gefährlich werden, insbesondere weil man nicht erkennen kann, welcher Art und welcher Tiefe das zugehörige Loch ist. Auf Kopfsteinpflaster (was man eigentlich immer meiden sollte) ist es besonders schlüpfrig. Und auf matschigem Boden muss man immer damit rechnen, dass einem das Rad abschmiert. Wer keine Scheibenbremsen hat muss auch mit einem wesentlich schlechteren Bremsverhalten des Rades klarkommen.

 

Da man bei Regen schlecht gesehen wird, ist es nicht verkehrt, durch entsprechend auffällige Kleidung oder Ausrüstungsgegenstände für mehr Aufmerksamkeit zu sorgen. Ich würde zumindest immer das Licht einschalten. Aber ich habe auch schon eine schön gelb leuchtende Warnweste übergezogen oder alternativ, auf der Hinterradtasche verschnürt, wenn der Regen zu dicht wurde. Was allerdings schwerer wiegt als das gesehen werden, ist das selber sehen. Denn eine Regenmütze im Gesicht ist eine echte Einschränkung des Sichtfeldes zur Seite und nach hinten (und, tief ins Gesicht gezogen, auch nach vorne). Hier hilft eigentlich nur eins: eine Regenmütze mit Passbändchen, über die sich die Mütze am Kopf fixieren lässt. Dann dreht sie sich nämlich mit...

 

Fahren mit Regenklamotten ist ohnehin eine Sache für sich. Wie teuer und hochwertig Deine Ausrüstung auch sein mag, Du wirst früher oder später an den Punkt kommen, an dem Du innen komplett nass bist - nur eben nicht vom Regen, sondern vom Schwitzen. Das ist nicht schön und verleitet dazu bei einer Pause im Trockenen sofort alles aufzureißen. Großer Fehler, sag ich da nur, zumindest an kälteren Tagen. Denn in diesem Moment strömt kalte Luft hinein und trifft auf den nassen Körper in den triefenden Klamotten. Auf die Art kannst Du Dir eine richtig dicke Erkältung einfangen, mit Fieber und allem Drum und Dran.

 

Mit den genannten Vorsichtsmaßnahmen und mit einer umsichtigen Fahrweise lässt sich eine ungebetene Regenzeit im Allgemeinen aber gut bewältigen. Ohnehin ist den Wenigsten bei Regen nach einer Tempofahrt (selbst bergab nicht). Im großen und ganzen ist Regen also vor allem unerfreulich. 

 

Gewitter sind ein Sonderfall des Regenwetters. Hier kommt zum Regen noch eine Gefahr für Leib und Leben hinzu. Naheliegend ist die Gefahr eines Treffers durch einen Blitz. Muss man eigentlich niemandem erklären, aber manche sind scheinbar der Meinung, ihnen würde so was nicht passieren. Wer aber mal genau nachdenkt, kommt von alleine drauf, dass der Metallrahmen des Rades quasi ein Blitzmagnet ist. Und das gilt nicht nur auf dem freien Feld, sondern überall. Das zweite, unterschätzte Problem ist der Wind, der in Gewitternähe stark böig werden kann. Das ist nicht nur lästig, sondern auch gefährlich, denn der Wind kann nicht nur Dich vom Rad reißen, sondern auch anderes durch die Luft wirbeln, was Du auch nicht gegen den Kopf bekommen möchtest. Das können im Wald und unter Einzelbäumen vor allem Äste sein, in Siedlungen aber auch Dachziegel und Ähnliches. 

 

Also, was tun, wenn es losgeht? Der wichtigste Tipp kommt in dem Fall schon zu spät, denn der lautet, frühzeitig auf Wetterveränderungen zu reagieren. Wenn sich also dunkle Wolken auftürmen und der Wind auffrischt, ist es an der Zeit zu überlegen, wie es weitergeht. Bestätigt die Wetter App die Lage, dann fährst Du besser nicht mehr auf ein freies Feld oder auf einen Flussdeich, sondern suchst Du Dir gleich einen vernünftigen und sicheren Unterstand. Damit ist natürlich nicht der Einzelbaum auf dem Acker gemeint, sondern am besten ein vorstehendes Dach eines Gebäudes, eine Schutzhütte, eine Garage, Scheune, was auch immer sich findet. Gut wartet es sich auch unter Brücken und in Unterführungen, vorausgesetzt, neben Dir ist nicht gerade ein Bach, der beim Sturzregen anschwillt und Dich überflutet.


Ist ein sicheres Plätzchen gefunden, heißt es, geduldig abzuwarten und sich nicht zu früh wieder auf den Weg zu machen, denn Gewitter sind unberechenbar. Wenn sie aufquellen, können sie auch quasi wieder zurückkommen. Sie treten auch selten alleine auf. Am besten beobachtest du noch eine Weile das abziehende Gewitter und zusätzlich auch die Richtung, aus der es gekommen ist, ob sich Nachfolger ankündigen. 

 

Ansonsten gehen Gewitter in der Regel so schnell wie sie kommen, eine halbe Stunde muss man aber meistens einkalkulieren. In großen Bergtälern kann es allerdings auch vorkommen, dass es das Gewitter nicht heraus schafft, dann kann es nochmal länger dauern...


Wenn die Sonne brennt

Radreisender in Sommerhitze

Das andere Extrem ist wolkenloser Himmel bei brennender Sonne. Wenn Du denkst, das macht doch nix, da steh ich drauf, lass Dir sagen, dass Du es dir wahrscheinlich anders überlegen wirst. Sicherlich ist Sonne an sich erst mal kein Hindernis, aber wenn Du nicht gut vorbereitet bist, dann wirst Du es unterwegs bereuen. 

 

Die Gründe sind vielfältig. Du könntest zum Beispiel einen Sonnenbrand bekommen. Natürlich zu aller erst im Gesicht, insbesondere auf dem Nasenrücken, auf den Wangenknochen und den unteren Augenlidern. Aber auch auf den oberen Ohren und am Nacken, wenn Du eine Kurzhaarfrisur hast. Oder auf der Kopfhaut, wenn du gar keine Frisur hast... Auf den Armen, auf den Oberschenkeln, auf den Unterschenkeln und am ganzen Oberkörper kann es Dich auch erwischen, je nachdem, wie weit Du Dich vor lauter Begeisterung entblättert hast. Und denk daran, es wird immer nur auf der Sonnenseite farbig!

 

Hier hilft nur eine Kombination aus Sonnencreme und passender Ausrüstung. Also eine luftige, aber lichtdichte Kopfbedeckung, bevorzugt mit Sonnenschirm (für´  s Gesicht) nach vorn (und wer will Nackenschutz nach hinten), eine Sonnenbrille und eine Windweste oder ein Radshirt mit hohem Kragen im Nacken. Alles was davon frei bleibt (vor allem im Gesicht) muss mit einer Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 30 oder größer eingecremt werden, und zwar beginnend mit dem Losfahren am Morgen und regelmäßigen Auffrischungen unterwegs. Wer keine gestreiften Hände haben will muss sich auch die Finger eincremen, denn wegen der Radhandschuhe sind die oberen Fingerglieder immer braun und der Rest der Hand nicht (es gibt aber auch Handschuhe aus lichtdurchlässigem Gewebe). 

 

Hat es Dich erst einmal richtig erwischt und die Sonne scheint am nächsten Tag weiter, dann hast Du ein Problem. Dann musst Du Dir nämlich etwas langes, lichtabweisendes anziehen, ansonsten verbrennst Du vollständig. Und wenn Du lange Sachen nur für kalte Abende eingepackt hast, dann musst Du es in deinem dicken Pulli bei 32 Grad im Schatten aushalten. 

 

Womit wir zu Problem Nummer zwei kommen: Kreislaufproblemen. Denn wenn die Sonne lage brennt, dann erhitzt sie Deinen Körper und insbesondere Deinen Kopf stark. So stark dass dein Kreislauf echte Schwierigkeiten machen kann. Dann wird dir schlecht und/oder schwindelig, je nach Veranlagung. Im schlimmsten Fall bekommst Du einen Sonnenstich, das ist eine sehr ernst zu nehmende Erkrankung! Wenn es erst einmal soweit ist, dann hilft nur noch eine sehr lange Ruhepause im Schatten mit ausreichend Flüssigkeitszufuhr (was noch tun bei Sonnenstich). Ich hatte einen solchen Fall einmal auf einer Passfahrt in den französischen Alpen, auf einer leeren Landstraße an einem völlig vertrockneten Berghang bei praller Sonne und Gluthitze. Ich lag über eine Stunde unter dem einzigen traurigen Bäumchen weit und breit, und es wurde nicht besser. Auch Hilfe kam nicht. Als das Wasser alle war, musste es dann weitergehen. Gott sei dank war der Pass nicht mehr weit und danach ging es konsequent bergab.

 

Es ist auch nicht so, dass man bei Hitze zu sportlichen Höchstleistungen fähig ist und die Freude am Fahren lässt mit der Zeit auch nach. Eine Mammutetappe oder eine Passüberquerung würde ich mir deshalb an solchen Tagen nicht zumuten.

 

Achte also an heißen, sonnigen Tagen darauf, deine Gesundheit nicht zu gefährden. Mach öfter Pausen im Schatten, trinke regelmäßig und ausreichend und schütz dich vor der Sonne. Im Zweifel passe Deine Tagesplanung an die Verhältnisse an, indem Du z.B. in den frühen Morgenstunden losfährst, wenn es noch frischer ist, um Mittags eine Siesta zu halten und den Rest in den Abendstunden zu absolvieren. Oder indem Du gleich die Kilometerzahl reduzierst. Meide außerdem lange, schattenlose Streckenabschnitte (ein breiter Fluss kann z.B., wenn du den ganzen Tag auf der Nordseite=Sonnenseite fährst echt belastend sein - wunderbar erlebbar an vielen Abschnitten der Donau).

 

Man kann also sagen, Hitze und Sonne sind die gefährlicheren Wetterbedingungen. Sie gefährden nicht nur deine Zeitplanung, sondern auch deine Gesundheit.


wenn der Wind bläst

Tja, wenn der Wind bläst, dann sollte man nie in der Gegenrichtung unterwegs sein. Alte Radfahrer-Binse, aber leider so gut wie nie planbar. Selbst wenn Du Deine Tour mit den vorherrschenden Westwinden planst, kannst du dennoch in eine Phase kommen, in der es genau andersherum ist. Oder, in der der Wind permanent dreht. 

 

Gegen den Wind kannst Du also nichts machen, Du must ihn nehmen wie er kommt. Allerdings solltest Du regelmäßig nach Auswertung deiner Wetterapp deine Etappenplanung überprüfen. Denn wenn Du absehbar die nächsten Tage gegen den Wind fährst, kann es deutlich langsamer zugehen als unter normalen Bedingungen. Im Schlimmsten Fall bist Du nur halb so schnell. Und selbst wenn Du es Dir und der Welt beweist, dass Du den Wind bezwingen kannst, dann dürftest Du spätestens am nächsten Tag außer Puste sein. 

 

Ist Dir der Wind aber hold, dann kann es ziemlich flott abgehen, im Besten fall doppelt so schnell, und es fühlt sich an wie Moped fahren, so wenig wie man tun muss. Dann kannst Du ruhig ein paar Kilometer drauf schlagen.

 

Ein Sonderfall ist Seitenwind. Leider muss ich Dir sagen, dass ich den Seitenwind eher wie den Gegenwind einkalkulieren würde. Kommt er von schräg hinten, fällt er kaum ins Gewicht. Kommt er aber von schräg vorne, dann kostet er Kraft. Und Kraft kostet auch, das Rad gegen den Seitenwind auf Spur zu halten...

 

Egal, woher der Wind bläst, Du solltest immer eine Windjacke oder -weste dabei haben. Leuchtet vielleicht nicht auf Anhieb ein, denn das Kälteempfinden bei Zug ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Aber selbst bei eitel Sonnenschein ist stärkerer Wind, auch wenn er eine Weile als angenehme Erfrischung empfunden wird, auf Dauer irgendwann unangenehm. Und Du kannst trotzdem ganz objektiv auskühlen und Dich sogar erkälten. 

 

Wer aber nicht gerade an der Küste unterwegs ist, wird extreme Windverhältnisse eher selten antreffen.