Alleine oder in Begleitung zu fahren musst Du Dir gut überlegen. Nichts auf der Radreise hat wohl mehr mit deiner Persönlichkeit zu tun, als diese Grundsatzentscheidung. Die richtige "Gesellschaftsform" zu finden, ist mindestens genau so wichtig wie das Reiseziel und das Wetter. Denn ist man erst mal auf dem Weg, dann gibt's kein zurück mehr...
Eigentlich kann ich zum alleine Reisen auf dem Rad nichts sagen. Mehr als Tagestouren habe ich alleine noch nicht unternommen. Aber man trifft unterwegs ständig Leute, die es alleine wagen. Irgendetwas scheint es also zu haben. Ich stelle es mir auch interessant vor, sich mal auf sich selbst zu konzentrieren und sich auf niemanden einstellen zu müssen. Alles machen zu können, wie man will, keine Kompromisse, kein unerwünschtes Gequatsche unterwegs, Zeit und Ruhe für seine Gedanken. Klingt nach einsamen Wolf...
Trotzdem sind nach meinen Erfahrungen Alleinfahrer und -fahrerinnen (gibt es viele!) aber offen für den Austausch mit anderen. Sie finden auch leichter Übernachtungsmöglichkeiten. Wenn Du nicht zelten willst, musst Du allerdings einkalkulieren, dass Einzelzimmer auf die Person berechnet immer etwas teurer sind.
Aus meiner persönlichen Sicht sind Radreisen in Begleitung ist einfach schöner. Es schweißt zusammen, Erlebnisse zu teilen und Herausforderungen gemeinsam zu meistern, auch wenn jeder natürlich auf dem Rad für sich die Strecke alleine bewältigen muss. Gemeinsame Pausen nach gemeinsamer Anstrengung. Und nichts ist gemütlicher, als beim gemeinsamen Essen am Abend den Tag noch einmal Revue passieren zu lassen.
Mir ist es -zu meinem großen Glück- über all die Jahre gelungen, immer wieder verschiedene Freunde und Freundinnen für die Idee zu begeistern, für Touren zu zweit oder auch Kleingruppenreisen. Es ist insbesondere eine sehr schöne Art, Paarurlaub zu machen. Nach anfänglicher Skepsis sahen das auch meine Freundinnen so.
Hast Du Dich dafür entschieden, mit jemandem zusammen zu fahren, dann solltest du Dich mit diesen Menschen ausführlich und in Ruhe über die Reise abstimmen und abklopfen, ob ihr zusammen passt. Die Ansprüche bezüglich der Etappenlänge, des Schwierigkeitsgrades, der Geschwindigkeit, der Pausenlänge und Pausengestaltung, der Ansprüche an Art und Qualität des Übernachtungsquartiers können sehr unterschiedlich sein. Ihr solltet aber auch besprechen, was ihr gegenseitig von euch erwartet und wie ihr mit Konflikten umgehen wollt. Sonst ist es unter Umständen auch schnell vorbei mit der Freundschaft.
Im Grunde sollten alle Mitglieder deiner Reisegruppe sich die gleichen Gedanken machen wie Du: Was will ich, was kann ich, was mach ich? Und wenn alle über ihre eigenen Rahmenbedingungen Bescheid wissen (siehe Körper und Geist), dann erst könnt ihr euch mit der konkreten Reiseplanung beschäftigen.
Solltest Du niemanden in deinem Freundes- oder Bekanntenkreis haben, der Dich begleiten will, kannst Du auch über ein Inserat jemanden suchen , z.B. auf https://www.adfc-radtourismus.de/mitradelzentrale/. Es gibt mehr Menschen, die Dein Interesse teilen als Du denkst.
Es macht auch einen Unterschied, zu zweit zu fahren oder in Gruppe. Je größer der Teilnehmerkreis, umso höher wird der Abstimmungsaufwand und umso mehr individuelle Befindlichkeiten sind zu berücksichtigen. Unter Umständen werdet ihr auf manchen Etappen nicht alle beisammen bleiben und müsst Treffpunkte ausmachen, weil die Fahrstile einfach zu sehr auseinanderfallen. "Der Langsamste bestimmt dasTempo" ist zwar ein politsch korrekter Ansatz, bringt in der Praxis aber nur Unfrieden. Es bringt einfach nichts, jemanden zum langsam oder schnell fahren zu zwingen und es ist auch anstrengend, in einem allzu großen Teilnehmerfeld mitzufahren. Ihr wollt euch ja schließlich nicht versehentlich gegenseitig vom Rad stoßen...
Dafür ist es geselliger und lustiger, insbesondere am Abend, wenn alle beisammen sind. Die Vielzahl verschiedener Charaktere kann auch inspirierend sein und und den Blickwinkel verändern. Allerdings müsst ihr damit rechnen, dass für Gruppen eine spontane Quartierssuche schwieriger werden wird.
Noch eine Anmerkung zu Reisen mit Kindern. Alles was ich über Erwachsene Mitreisende gesagt habe, gilt im Grunde auch für mitreisende Kinder. In der Regel werden natürlich die Eltern von sich aus versuchen, die Bedürfnisse und Fähigkeiten ihrer Kinder zu berücksichtigen. Wenn die Kinder schon selber in die Pedale treten (sollen), bedeutet das vor allem, mehr Zeit und weniger Kilometer einzuplanen. Man verzichtet soweit wie möglich auf Straßen und konzentriert sich auf Rad-, Fuß- Feld- und Waldwege. Das man dabei meist nicht die direkte Linie zwischen zwei Punkten fährt, liegt auf der Hand. Es braucht auch viele Pausen und kindgerechte Sehenswürdigkeiten am Wegesrand. Denn das, was die Radreise für die Erwachsenen ausmacht, Ruhe, Landschaft, Entschleunigung, kann für die Kleinen manchmal ganz schön langweilig und sogar belastend werden. Eine gewisses Alter und eine gewisse Reife sollten sie daher bereits haben. Ich habe es mit meiner Tochter probiert als sie 14 Jahre alt war. Sie war tapfer und sie war nett zu mir. Aber es war unsere einzige Reise...
Für "Transportkinder", die noch im Kindersitz mitfahren, ist wohl die Langeweile das größte Problem. Eingezwängt und festgezurrt im Sitz mit Blick auf den Rücken eines Elternteils gibt diese Reiseform für sie nun wirklich nicht sonderlich viel her. Im Kinderanhänger ist es nicht viel besser. Die meisten Kinder, denen man unterwegs begegnet, lassen daher auch die Köpfe zur Seite hängen, wie eine zu wenig gegossene Blume und schlafen den Schlaf der Gerechten.
Wenn die Anforderungen an die Kinder oder die notwendigen Abstriche an die eigenen Erwartungen zu groß werden, würde ich daher doch überlegen, einen anderen Urlaub zu machen. Mir z.B. ein festes Quartier zu nehmen und schöne Tagesausflüge zu machen.
Zu guter Letzt noch eine ganz besondere Art von Mitreisenden, die sich leider an der Reiseplanung nicht beteiligen können. Sie sind darauf angewiesen, dass Ihre Sorgeberechtigten ihr Wohlergehen im Blick haben und bei der Reiseplanung entsprechend berücksichtigen. Das bedeutet bei den allermeisten Tieren:
sein lassen!
Tut das euren Tieren nicht an. Die wenigsten Tiere schätzen ständige Ortswechsel oder den Transport in geschlossenen Behältern, während unter ihnen irgendeine Straße rumpelt und von draußen Geräusche und Gerüche auf sie einprasseln. Ich denke da z.B. an Katzen und Kaninchen.
Die einzige Ausnahme scheinen mir Hunde zu sein. Sie sind ja auch in der Lage, ihre Besitzer auf allen vieren zu begleiten und bekommen so ausreichend Auslauf. Tatsächlich sehe ich auf meinen Radreisen manchmal andere Radreisende mit Hunden, aber sehr selten. Wesentlich öfter begegnen mir Tagesausflügler, die ihren besten Freund dabei haben. Und je kleiner und verhätschelter die Lieblinge sind, desto weniger will man ihnen offenbar zumuten. Geschätzt die Hälfte aller Fahrradanhänger werden daher nicht von Kindern, sondern von Hunden bevölkert.