Wir haben 2020 und 2021 jeweils nur eine einzige große Radreise gemacht. Über die Erfahrungen dabei will ich hier kurz berichten.
Im Sommer 2020 gab es -wir erinnern uns - noch keine Impfungen und auch Selbsttests für den Alltag waren noch weitgehend unbekannt. So behalf man sich mit Abstands-, Masken- und Hygieneregeln.
Aufgrund der Reiseunsicherheiten wurde viel Urlaub im eigenen Land gemacht. Die meisten waren offensichtlich der Hotellerie gegenüber etwas reservierter und blieben lieber unabhängig. Sie haben sich eine Ferienwohnung gesucht oder haben sich zumindest an der frischen Luft auf den Campingplätzen getummelt. Aber wie uns unisono viele Gastwirte und Gastronomen berichteten, haben sich auch mehr als sonst die Menschen für Urlaub mit dem Fahrrad entschieden. Auf der Strecke ist uns das glücklicherweise nicht aufgefallen, aber wir waren auch nicht unbedingt an den "Hot-Spots" der Radreiseszene. Wir hatten jedenfalls außer an Samstagen keine Probleme, an unseren Wunschzielen ein Quartier zu finden. Allerdings waren die Preise - ohne eine Statistik angefertigt zu haben - 2020 gefühlt etwas höher...
In der offenen Landschaft an der frischen Luft war Corona für uns überhaupt kein Thema, wir konnten das während der Zeit auf dem Rad vollständig ausblenden! Vielleicht war es ein besonders gutes Zeichen, dass ich die ganzen dreieinhalb Wochen immer wieder die Maske vergessen habe und zurück zu den Rädern musste, um sie zu holen. Die wenigen Berührungspunkte mit Covid-19 waren die Einkäufe unterwegs, hier und da mal eine Besichtigung, Ein- und Auschecken im Hotel sowie Frühstück und Abendessen. Im Juli waren die Bedingungen im Vergleich zu dem, was noch kommen sollte noch entspannt. In jedem Bundesland wurde mit dem Thema anders umgegangen und die lokalen Vorschriften wurden von den Betroffenen auch sehr frei interpretiert. In Bayern war es z.B. streng, in Thüringen hingegen sehr frei.
Am deutlichsten wurden die besonderen Umstände bei Frühstück in den Hotels und Gasthöfen. Denn hier kommen alle Gäste in relativ kurzer Zeit zusammen und wollen sich am Buffet bedienen. Der Ideenreichtum der Gastgeber, wie man die Situation denn nun bewältigen könnte kannte deshalb keine Grenzen. Und die Sinnhaftigkeit der gefundenen Lösungen erschloss sich leider auch nicht immer. Die ersten Tage mussten wir am Vorabend auf einem Vordruck ankreuzen, was wir gern zum Frühstück hätten und zu welcher Zeit wir es einnehmen wollen würden. Dafür bekam man dann eine Platte mit den bestellten Gaben auf den Tisch gestellt, das Buffet fiel aus. Aber schon bald schlichen sich Variationen ein, z.B. Buffet mit Bedienung, was bedeutete, sich 10 Minuten mit Maske anzustellen um sich von der Dame dort die Sachen auf den Teller legen zu lassen. Was uns dabei verwundert hatte, war, dass man sich meist den Saft selber einschenken durfte, d.h. die Karaffe ging von Hand zu Hand. Manch ein Hotelier lies zwanghaft die Tische putzen, manche fanden das komplett entbehrlich. Für uns am unangenehmsten war die (von größeren Hotels) praktizierte Methode, sich in Zeitfenster eintragen zu müssen, das meist nur 45 Minuten betrug und das Frühstück zu einer Expressveranstaltung machte. Solche Angebote haben wir daher mehrmals abgelehnt und ohne Frühstück gebucht. Stattdessen haben wird uns lieber ein Café oder einen Bäcker in der Nachbarschaft des Hotels gesucht. Danach gings wieder aufs Zimmer zum packen. Dadurch war der Ablauf für uns entspannter. Die meisten Hotels beließen es aber letztendlich bei einer Maskenpflicht am Buffet.
Als wirklich positiv stellte sich für uns die Nutzungsbegrenzung der Aufzüge auf eine Person oder maximal zwei Personen aus einem Haushalt heraus. Auf der ganzen Reise niemand, der sich noch zu einem in die enge Kabine drängen wollte - sehr entspannend. Das könnte gerne beibehalten werden ;)
Was allerdings 2020 noch anders als sonst ausfiel, waren die Begegnungen unterwegs. Die Menschen waren offensichtlich nicht so auf Kontakt aus und schon gar nicht zu Fremden. Außer den Gesprächen mit den Profis aus der Gastronomie, die sehr mitteilungsfreudig waren, und einem netten Schweizer Radfahrer und Warmshowershost blieben die kleinen Begegnungen am Straßenrand diesmal weitgehend aus.
Im Jahr 2021 sah die Situation komplett anders als noch 2020 aus. Aber auch der Frühsommer und der Spätsommer 20221 unterschieden sich ganz erheblich.
Im Frühjahr 2021 war der Großteil der Menschen noch nicht geimpft. Durch die mittlerweile massenhaft verfügbaren Selbsttests lag der Schwerpunkt der Schutzmaßnahmen stattdessen auf dem Testen. In Abhängigkeit von den lokalen Inzidenzen, der Übernachtungsart, der Herkunft der Reisenden und dem Reiseziel konnte das zu komplett unterschiedlichen Rahmenbedingungen für eine Reise führen. Ich hatte mir für die Reise im Juni die Mühe gemacht und die Rahmenbedingungen in den Bundesländern recherchiert und musste letztlich entnervt aufgeben, weil es einfach nicht zu durchschauen war. Mal durfte man als Berliner gar nicht anreisen, dann nur bis zu einer Inzidenz unter 100, ab Inzidenz über 50 musste man sich aber mancherorts alle drei Tage testen lassen, in manchen Bundesländern nur bei Ankunft in Hotels, in anderen auch auf Campingplätzen, dafür aber nicht in Ferienhäusern, wohl aber in Ferienwohnungen. Anderswo war es genau anders herum... was soll ich sagen: ein einfach peinliches Regelchaos. Und hinzu kamen die ständig schwankenden Zahlen an Erkrankten mit denen sich die ohnehin schon undurchsichtigen Regeln ebenfalls änderten.
Bei der dünnen Verteilung der Teststellen auf dem Land hätte die Testerei riesigen logistischen Aufwand erfordert. Es wären u.U. große Umwege und unerfreuliche Abhängigkeiten von den Öffnungszeiten entstanden. Unter diesen Umständen war an eine Radtour nicht zu denken. Der Gedanke daran, jeden Tag mit Corona-Organisation zu verbringen war wenig ermunternd, und so mussten wir uns schweren Herzens seit langem mal wieder gegen eine Radwanderung mit täglich wechselnden Quartieren entschieden. Stattdessen haben wir die Räder aufs Auto geschnallt, zusätzlich noch ein Paddelboot organisiert und von insgesamt drei über Norddeutschland verteilten Ferienhäusern aus Tagesausflüge unternommen.
Hätte ich allerdings bei der Vorbereitung schon gewusst, was ich später mitbekommen habe, hätte ich mich auch anders entschieden. Denn die deutschen Gastgeber haben sich im Frühsommer 2021 in schöner Regelmäßigkeit einen feuchten Kehricht um die Kontrolle der Regeln gekümmert. Im Gegenteil, trotz eindeutiger Gesetzestexte, die den Gastgeber zur Kontrolle verpflichten, wurde die Verantwortung beim Gast abgeladen nach dem Motto: "Is ja ihre Sache, wenn Sie erwischt werden".
Das das auch anders geht, bewies die zweite Reise Ende September des Jahres 2021 durch Österreich. Wir waren sehr überrascht, dass dort in Hotels und Gastronomie der Impfstatus viel konsequenter kontrolliert wurde, als wir es aus Deutschland gewohnt waren. Selbst die Außengastronomie war ohne Nachweis nicht erreichbar. War man erst einmal kontrolliert, ging es dafür allerdings auch ohne Masken weiter. Die Masken brauchte man, sofern man geimpft war, eigentlich nur für den Lebensmitteleinzelhandel und den öffentlichen Nahverkehr. Wir empfanden das als relativ sicher und dennoch halbwegs entspannt. Schade, dass letztlich alles nichts genutzt hat und die Zahlen ab Oktober wie in aller Welt auch in Österreich wieder sprunghaft anstiegen. Wären wir nur wenige Wochen später gefahren, wäre es mit der Reisefreiheit schon wieder vorbei gewesen.